Mein Besuch in Massaidörfern im Ngorongoro Nationalpark

Durch meine Tansania Reisen in den letzten Jahren habe ich einige Freunde, die in Dörfern im Ngorongoro Nationalpark aufgewachsen sind. Ich hatte schon lange vor, diese einmal besuchen, aber das ist nicht so ganz einfach, da man auch für einen Dorfbesuch Nationalpark Gebühren bezahlen muss und  es mir anfangs widerstrebte, für den Besuch eines Dorfes mindestens einmal 200 € bezahlen zu müssen.

 Im Frühjahr 2023 war es dann soweit, ich hatte mich entschlossen, der Einladung zu folgen. Ich traf mich mit meinen Freunden Pendo und Daniel in Arusha  und wir fuhren zusammen nach Karatu, wo auch das Gate zum Nationalpark ist. Das Permit  war relativ leicht zu kriegen, die Abbuchung von der Kreditkarte erfolgte problemlos.

Ich stellte mir dann die Frage, was ich für unsere Gastgeber mitbringen sollte, es ging um drei Familien, die von Pendo, die von Daniel und  die von Ezekiel. Ich hatte überlegt vielleicht Obst und etwas hochpreisigeres Essen mitzubringen.  Daniel sagte mir aber, dass er einfache Grundnahrungsmittel besser fände, da doch viele Münder zu stopfen sind und durch die Trockenheit im letzten Herbst so viele Kühe gestorben sind, dass die traditionelle Ernährung aus Fleisch Milch und Blut kaum durchführbar ist. So kaufte ich für jede Familie Ugali, also Maismehl,  Bohnen, Öl und Zwiebeln. Am späten Vormittag gingen wir zum Standy, also zum Busbahnhof von Karatu. Es waren schon allerlei Leute aus den Dörfern des Nationalparks versammelt. Zum Teil hatten sie Säcke mit Grundnahrungsmitteln, aber auch Kisten mit Coca-Cola und Kisten mit Süßigkeiten waren dabei. Wir warteten ungefähr 2 Stunden, bis mehrere Landrover  kamen,  dann begann das Beladen der Fahrzeuge. Ich glaube, dass auf manchen der Dächer mehr als eine Tonne verzurrt wurde. Nach einer weiteren Stunde ging es los. Am Gate zum Nationalpark musste ich mich natürlich eintragen, was wie immer ein bisschen Zeit kostete. Die Fahrt dann ging  dann entlang dem Kraterrand und man konnte in den Krater hinunter sehen. Erst ging es durch dicht bewaldetes Gelände, wie ich es  von meinem Safaris in den Nationalpark kannte. Dann kamen wir in offenes Gelände. Das Gras auf war bis auf 1 cm abgeweidet. Dazwischen standen Büschel von Grasarten, die offensichtlich von den Weidetieren verschmäht wurden. Ich sah Kuhherden, dazwischen ab und zu Zebras. Die Zebras  halten sich gerne in der Nähe der Kühe auf, da sie da vor Löwen und Leoparden einigermaßen sicher sind.

Dann sah ich das Dorf. Über eine große Fläche waren mehrere hundert Rundhütten verteilt. Dazwischen  waren zahlreiche Kinder und Kühe zu sehen. Der Abstand zwischen den einzelnen Rundhütten war oft mehrere hundert Meter, sodass die Gesamtfläche des Dorfes riesig war. Meist standen mehrere Rundhütten nahe beieinander. Das waren offensichtlich Familien, die zusammen gehörten. Am Fahrweg verließen wir den Land Rover, andere Fahrgäste fuhren weiter zu anderen Dörfern. Wir wurden von Verwandten von Pendo und Daniel herzlich begrüßt. Man half uns auch beim Tragen unseres Gepäcks und der Geschenke. Vorbei an einer Wasserpumpe, von der sich zahlreiche Menschen kanisterweise Trinkwasser holten, gingen wir ohne Weg durch das Gras zu der Boma von Pendos Familie. Die Hütten sahen größer und stabiler aus, als ich das aus anderen Dörfern kannte. Ich lernte Pendos Vater und zwei seiner Frauen und zahlreiche seiner Kinder, die zum Teil noch im Vorschulalter waren kennen. Die Schafe und Ziegen waren bereits in ihrem Pferch. Die Begrüßungen waren freundlich und vorsichtig: Wie geht man mit so einem fremden Wesen um? Die Jüngeren, so ca bis 18 Jährigen senkten den Kopf, sodass ich in Maasaitradition ihren Kopf berühren konnte. Dann aßen wir etwas in einer der Hütten. Für mich als Vegetarier hatte Pendo extra etwas Gemüße gemacht. Die anderen aßen Fleisch und Ugali. Vor der Dürrekatastrophe im letzten Herbst hätten sie vermutlich ausschließlich Fleisch gegessen. Ich aß natürlich nur mit den Männern, in dieser Hinsicht war man traditionell. Dann gingen wir zur Boma von Daniels Familie.                                                                                             In der Boma von Daniel  gab zwei sehr stabile, aus Ästen gebaute Pferche für Kühe, Schafe und Ziegen. Die Tiere waren da, da es noch nicht so sehr spät war, noch nicht nach Hause gekommen. Man sah schon zahlreiche  Kühe von entfernteren Weiden unter Aufsicht von Jungs zurückkommen. Mir wurde mein Schlafplatz in  einer Hütte angewiesen, die Hütte hatte zwei Abteilungen in der einen waren zwei Kühe in der anderen ein Bett für mich und einige Regale mit Kleidung und anderen Dingen. Es war mir schon vorher mitgeteilt worden dass es in dem ganzen Dorf keine Toilette gibt, zu diesem Zweck ging man in kleine Gebüsche von einer Art Brennesseln. Ich sah dort allerdings keinerlei Kot, ich vermute dass die Hunde diesen meistens auffressen. Zum Abendessen hatte Pendo ein gutes Essen gemacht, ich vermute, dass dies in dem Dorf eher ungewöhnlich ist. Da ich Vegetarier bin erhielt ich Gemüse Reis und Bohnen, die anderen aßen Reis mit Suppe und Fleisch. Nach dem Essen versammelten wir uns in dem Haus von Daniels Familie. Alle begrüßten mich sehr herzlich, die Jüngeren boten ihren Kopf zu den traditionellen Massaigruß an das heißt ich berührte ihre Haare kurz, eine Ehre, die mir zuteil wurde, da ich schon so alt bin. Es saßen ca 12 Leute im Kreis an der Hauswand entlang. Innen waren niedrige Sitze aus demselben Material, aus dem auch das Haus gebaut,  also aus dieser sehr harten und stabilen Mischung aus  Kuhmist, Erde und Asche. Es war recht dunkel, eine kleine LED-Lampe, die offensichtlich mit einer kleinen Solarplatte tagsüber aufgeladen wurde, sorgte für etwas Licht. Daniel, der ja unter anderem eine Art Pastor der Pfingstgemeinde ist, hielt auf Swahilii eine kleine Predigt, die Gruppe murmelt immer wieder Amen. Dann wurde recht munter über alles Mögliche gesprochen, Daniel übersetzte mir manchmal. Im Hintergrund in einem Bett lag die Großmutter von Daniel, die schon sehr alt ist, sie wirkte recht hinfällig begrüßte mich aber herzlich und schien sich über den Besuch zu wundern und zu freuen.

Im weiteren Verlauf kamen viele jüngere und ältere Kinder in den Raum ließen sich von mir auf Massai Weise begrüßen und verließen dann den Raum wieder. Wir gingen noch etwas raus, da ich ja auch meine Schlafhütte finden musste. Auf dem Weg, es war schon recht dunkel, konnte ich in ca 50 m Entfernung eine Gruppe von ca vier oder fünf Elefanten sehen, die sehr nahe am Dorf waren. Die Nacht habe ich als Gast den besonderen Vorzug genossen, dass ich eine Matratze auf dem ansonsten aus Ästen und Kuhfell bestehenden Bett hatte. Ich schlief recht gut und fand die Geräusche, die aus der anderen Seite der Hütte von den Kühen kam und auch deren Geruch sehr angenehm. Ich hatte ja als Kind auch auf dem Bauernhof oft viel Zeit mit Kühen und Kälbern verbracht. Ab und zu hörte ich das Klatschen der Kuhfladen und das Pinkeln der Kühe. Da die Hütte keine Fenster hat wusste ich natürlich nicht, wann ich aufstehen würde, auch der nächtliche Gang um Wasser zu lassen war etwas beunruhigend. Als ich dann aufwachte, war es draußen schon hell. Ich sah Pendo und ihren Vater diskutieren.

Über die Diskussion erfuhr ich, dass Pendo versuchte ihren Vater zu überreden ihre kleineren Geschwister in die Schule zu schicken. Sie hatte es irgendwie organisiert, dass ein Stipendium für die Schule zur Verfügung stehen würde, aber der Vater lehnte dies ab. Sie hoffte ihn noch überreden zu können. Ich kenne diese Thematik schon seit einiger Zeit: die traditionellen Massai und viele der älteren lehnen die Schulen ab, da diese  die Maasai Kultur zwangsläufig, wie ich meine, zerstören. Daniel hatte mir zu diesem Thema erzählt, dass er durch einen verkleideten Regierungsbeamten zum Schulgang gezwungen wurde, als er ca 8 Jahre alt war. Normalerweise verstecken sich die Massaikinder, wenn Regierungsbeamte kommen sofort im Busch. Daniel war dies damals nicht möglich gewesen, da der Regierungsbeamte als Massai verkleidet war. Als er zum Gruß zu diesem ging, nahm der ihn fest und zwang seinen Vater den Sohn in die Schule zu schicken, sonst hätte er Strafe von einigen Rindern bezahlen müssen.  Daniel selbst ist glücklich darüber, dass sein Leben auf diese Weise in die bekannte Richtung gewendet wurde: er lernte  Swahili und Englisch,  wurde Pastor und konnte seine NGO aufbauen.

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