Das sexuelle Verhalten in den Maasaidörfern im Ngorongoro Nationalpark
Bei Besuchen in den Massai Dörfern im Ngorongoro Nationalpark habe ich auch versucht herauszufinden, wie die sexuellen Traditionen der Massai in dieser Gegend sind. Schon vorher hatte ich erfahren, dass 100% der Mädchen beschnitten werden, dass sehr viele Mädchen in den Jahren zwischen er und 12 und 16 schwanger werden und dass die meisten Männer mehrere Frauen haben. Ich hatte ja schon vor meinem Besuch in den Massai Dörfern einige Zeit mit Freunden verbracht, die von dort stammen.
Es ist mir dann gelungen mit einzelnen Personen über dieses Thema ins Gespräch zu kommen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die traditionell lebenden Massai im Allgemeinen weder Kisuahili noch Englisch sprechen. Ich war also darauf angewiesen, dass mir jemand übersetzt.
Der Lebenszyklus der Massai ist in der Tradition stark geregelt. Der kleine Junge beginnt sehr früh beim Hüten der Tiere zu helfen. Zuerst hütet er Ziegen und Schafe, später, ab dem Alter von acht oder zehn zunehmend auch die Kühe. Diese Rolle bleibt ihm bis zu seiner Beschneidung erhalten. Über den Zeitpunkt der Beschneidung gehen die Zahlen auseinander, manche sagten mir es sei ungefähr mit 16 andere sagt mir er sei mit 18. Da viele Maasai ihr Geburtsdatum und Jahr nicht kennen sind diese Zahlen nicht sehr genau. Nach der Beschneidung sind die Jungs dann Krieger, in ihrer Sprache Moran, genannt. In der Zeit des Kriegers Seins sind sie nach der Tradition für die Sicherheit des Dorfes verantwortlich. Sie haben bestimmte Regeln zu befolgen und unternehmen auch weiter Touren, um bessere Weidegründe zu finden. Die Regeln sind streng, sie dürfen z.B keinen Nahrung zu sich nehmen, die von Frauen auch nur gesehen worden ist. Zeitweilig leben sie ausschließlich von Fleisch Blut und Milch. Im Dorf leben sie zusammen in einer Boma aus mehreren Häusern. Wenn Gefahren auf das Dorf zu kommen, sind sie doch somit leicht zu finden um Viehdiebe oder auch wilde Tiere abzuwehren. Die Mädchen des Dorfes ab ca dem 10 oder 11. Lebensjahr gehen oft zu den Kriegern und verbringen die Abende und Nächte bei diesen. Es besteht also offensichtlich eine große sexuelle Freiheit. Die Eltern sind nicht berechtigt die Mädchen zu fragen, wo sie hingehen, wie mir immer wieder erzählt wurde. Nach der Zeit als Moran wird der junge Mann erst zu einem Älteren und übernimmt neue Verantwortungen für die Gesellschaft als Ganzes. Nach weiteren Jahren wird er noch zu einer Art Ältestem. Die Übergänge werden jeweils durch große Feste gefeiert. Die Polygamie wird immer wieder damit begründet, dass es viel mehr Frauen als Männer gäbe, das traf wohl in früherer Zeit wegen der Auseinandersetzung mit Nachbarstämmen und mit wilden Tieren auch zu. Heute kann ich diese Behauptung nicht bestätigen.
Die Altersstufen der Mädchen sind ähnlich streng geregelt und auch bei ihnen kann man an Kleidung und Haartracht erkennen ob sie schon beschnitten und verheiratet sind. Schon sehr früh helfen die Mädchen der Mutter bei deren Aufgaben. Diese sind Wasser holen, Kochen, für die Kinder sorgen und andere häuslichen Aufgaben. Auch der Hausbau ist ausschließlich in der Hand der Frauen. Schon früh, mit 11, also vor der Beschneidung verbringen die Mädchen viel Zeit mit den Moran. Sie tanzen und singen und es scheint auch eine große sexuelle Freiheit zu bestehen, in der es nicht zu festen Bindungen kommt. Mit ca 16 Jahren werden sie beschnitten. Das wird von Frauen durchgeführt. Obwohl es in Tansania gesetzlich verboten ist werden wohl 100% der Mädchen beschnitten. Es kommt dabei auch gelegentlich zu Todesfälle, die aber nicht aufgeklärt werden. Die Frauen, die ich zur Beschneidung befragt habe, sagten es sei schrecklich, es sei aber unvermeidlich, da die Männer insbesondere die Elders darauf bestehen würden. Nach der Beschneidung können die Mädchen heiraten, dies scheint oft erst im Alter von 18 Jahren stattzufinden. Die Haare werden geschoren, die großen Ohrlöcher und die anderen Narben im Gesicht haben die Mädchen in diesem Alter bereits. Mir wurde erzählt, dass die Ehe nicht unbedingt sehr viel Bedeutung hat. Oft leben die Ehepartner nicht zusammen, manchmal hat eine neue Frau eines Mannes, der schon eine oder mehrere Frauen hat, durch die anderen Frauen eine Art Anleitung. Die Aufgaben der Ehefrauen bestehen jetzt darin, das Haus zu bauen und in Ordnung zu halten, für das Wasser zu sorgen und soweit ich es verstehe auch relativ viel in der Viehhaltung mitzuarbeiten. Mehrere Frauen eines Mannes haben benachbarte Häuser. Die Frauen, die ich gefragt habe sagten zu der Frage, wie es ist mehrere Nebenfrauen zu haben, dass es gut sei. Sie seien auf die Weise nicht alleine und hätten eine Art Freundin. Auch innerhalb der Ehen ist die Sexualität wenig auf die Ehe beschränkt. Es gibt die Tradition, dass, wenn ein anderer Mann mit einer Frau in deren Haus zusammen ist, er seinen Speer vor das Haus der Frau stellt und damit klar ist, dass der Ehemann nicht reinkommen darf. Er darf auch nicht danach fragen. Dass unter Umständen die Kinder nicht vom Ehemann stammen, scheint kein Problem zu sein. Ein Mann, den ich befragt habe, sagte: Es sei auch keinerlei Problem, wenn eine Frau bereits ein oder mehrere Kinder habe zu heiraten, der Mann freut sich, dass er auf die Weise mehr Kinder hat.
Ein mir bekannter Arzt, der in der Medizin Verwaltung arbeitet, erzählte mir, dass in der Maasai Population ausgesprochen wenig HIV-Infektionen vorliegen. Das hänge vielleicht mit der Beschneidung zusammen, vielleicht auch mit der Tatsache dass die Maasai ziemlich stark unter sich bleiben und dadurch die Gefahr der Einschleppung der Viren nicht so groß ist. Die steht zum Teil im Widerspruch mit einer Beobachtung, die ich gemacht habe, dass junge Frauen aus den Maasaigebieten oft in benachbarten Städten betteln und dabei wohl auch der Prostitution nachgehen.
Ich kenne seit längerem Monika Lengere, die seit vielen Jahren gegen die weibliche Beschneidung aktiv ist und Aufklärung in dieser Hinsicht betreibt. Meine Nachfragen bei verschiedenen Maasai Frauen im Lauf meiner Reise haben übereinstimmend ergeben, dass sie die Beschneidung sehr schrecklich finden, dass sie sie aber bei ihren eigenen Kindern auch durchführen würden, da die Tradition es so gebietet und da sie sonst aus der Gemeinschaft völlig ausgeschlossen würden. Das trifft natürlich für Maasai, die die Schule besucht haben und einen Beruf erlernt haben weniger zu. Ich habe aber auch von einigen Massai, die nicht mehr im Dorf leben und einen Beruf haben erfahren, dass sie sich dieser Tradition weiterhin verpflichtet fühlen.
Die meisten Maasai in den Dörfern haben nie oder nur relativ kurz eine Schule besucht und sprechen nicht Kiswahili geschweige denn Englisch. Die Eltern in den Dörfern wünschen auch heute oft nicht, dass die Kinder in die Schule gehen. Die Regierung besteht in einem gewissen Maß darauf, dass die Schulpflicht eingehalten wird aber viele Kinder sind gar nicht registriert.
Daniel, von dem ich sehr viel über Massai Tradition und Marcel Alltag erfahren habe, erzählt, dass er als ca 8-jähriger von einem verkleideten Polizisten, der sich als Massai verkleidet hatte überrascht wurde und dadurch verpflichtet wurde in die Schule zu gehen, da sein Vater sonst hätte Strafe bezahlen müssen. Dieser Tatsache, die er heute als positiv erlebt, ist es zu verdanken, dass er Kisuahili und auch Englisch gelernt hat. Trotz der Tatsache, dass er eine Art Geistlicher der Pfingstbewegung ist, geht er davon aus, dass er seine beiden Kinder, die derzeit außerhalb der Dörfer in der Nähe von Arusha leben später wieder zurück bring,t um sie weitgehend in der alten Tradition heranwachsen zu lassen.